Wie bindet man eine Großstadt an das Fernstraßennetz der Zukunft? Mit dieser Frage beschäftigten sich seit der zweiten Hälfte der 1920 viele Verkehrstheoretiker und -praktiker. P. Hafen listet in seinem Werk "Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen" eine Vielzahl von Quellen zu diesem Thema auf (Stichwörter: "Stadt und Autobahn" und "Stadtanschlüsse"). Einerseits reifte bei den Verkehrsfachleuten die Erkenntnis, dass Nurautostraßen zur Entzerrung des wachsenden Verkehrs führen müssen und deshalb die Stadtzentren zu meiden haben, andererseits aber musste eine Heranführung der Straßenverkehrsmittel aus den Zentren an die Fernstraßen erfolgen.
Auch die Gesellschaft zur Vorbereitung der Reichsautobahnen (Gezuvor) widmete sich bei der Planung des Berliner Ringes diesem Thema. Während jedoch der Verlauf der großen, Deutschland querenden Strecken, bis 1936 im Wesentlichen feststand und danach nur noch in wenigen Fällen gravierend geändert wurde (z. B. die teilweise Zusammenlegung der ursprünglich getrennt vorgesehenen Strecken Berlin - Breslau und Berlin - Dresden), gab es noch 1937 , wie einem Aufsatz1 Die einschlägige Literatur nennt zur Verbindung des Stadtzentrums mit Autobahnen den Bau von Stichautobahnen, sog. "Stutzen". Kaftan beschreibt in seinem Aufsatz2 die Funktion und Gestaltungsweise solcher Ergänzungsstrecken. Sie sollten einerseits wohl die Leistungsfähigkeit von Autobahnen haben, werden auch an einigen Stellen des Schrifttums als Autobahnen bezeichnet, sollten aber andererseits nicht den Ausbaugrad von Autobahnen erreichen. Es liegt beim Studien der Kaftan'schen Zeilen nahe, die Stichautobahnen/Stutzen mit den heute bekannten, durch die Zeichen 331.1 (Beginn einer Kraftfahrstraße) und 331.2 (Ende einer Kraftfahrstraße) gekennzeichneten Verkehrswegen zu vergleichen, wobei man viele Ähnlichkeiten feststellen wird. Nach Schnell3 sollte der Berliner Ring noch durch vier Autobahnstutzen verbessert werden: Die Hamburger Strecke sollte über das Hamburger Kreuz bis in das Gebiet von Berlin-Spandau verlängert werden. Von Reinickendorf aus sollte es über das Nordkreuz einen Westanschluss zur Stettiner Strecke (Strecke 54, heute BAB A11) bei Ützdorf geben. Das Landsberger Kreuz des Stutzen nach Berlin-Lichtenberg sollte den Ostring queren und ein Südstutzen den Südring mit Berlin-Marienfelde verbinden.
Den einzigen Stutzen der realisiert wurde, beschreibt Schnell in seinem Aufsatz nicht: Die Verbindung des Berliner Rings mit der Automobil- und Übungsstraße (AVUS), die ab 1921 für den Verkehr freigegeben worden war. Gleichwohl erwähnt bereits 1935 Fritsch4 den Wunsch der Stadt Potsdam, den Südring mit der AVUS zu verbinden. Diesem Wunsch wurde dann 1936 mit einem entsprechenden Projektierungsauftrag des Generalinspektors für das deutsche Straßenwesen, Dr. Fritz Todt, entsprochen. |
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Das Saarmunder Dreieck wurde als rechtsliegende Trompete gebaut. Sehr gut ist im Bild der Nachteil dieser bei allen Dreiecken des Berliner Rings verwendeten Geometrie erkennbar: Fahrzeuge aus Berlin in Richtung Osten müssen eine Kurve fahren, deren Radius stetig kleiner wird. Anfangs, beim Bau des Stettiner, des Ost- und des Leipziger Dreiecks, versuchte man, dieses Problem durch die Kurvenausbildung als Steilkurve mit einer Querneigung bis 45 Grad zu lösen. Da die Unfallgefahr in einer solchen Kurve sehr hoch war, konnte nur eine Verringerung der Geschwindigkeit Unfälle vermeiden. Foto: R. Arndt, Jüterbog 1996 |
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Das Dreieck spiegelt recht anschaulich die Verkehrsentwicklung seit 1945 wider. Vor der umfassenden Neugestaltung ab 2006 wurde die Verbindung von Berlin zum Südring in Richtung Leipzig/Magdeburg zwei Mal verändert, um der kontinuierlichen Zunahme des Verkehrs gerecht werden zu können. Noch viele Jahre nach den Umbauten zeigte sich der Verlauf der zwei aufgebenen Astvarianten im Vegetationsbild. Foto: R. Arndt, Jüterbog 1996 |
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Skizze des in der DDR als "Abzweig Drewitz" benannten heutigen Dreiecks Nuthetal. Sie zeigt dem Betrachter anschaulich den in den 1970er Jahren gebauten neuen Ast (Nummer 1), darunter ist jener aus der Erbauungszeit sichtbar. Am rechten Bildrand, beim Kilometer 86, befindet sich ein Überführungsbauwerk, welches zum Wenden genutzt werden musste, wenn Fahrzeuge nach Berlin (West) den abzweigenden Ast (Nummer 4) verfehlt hatten. Sie wurden von den Sicherheitsorganen der DDR aus dem an dieser Stelle zum Langsamfahren gezwungenen Verkehr erfasst und zum Wenden veranlasst. Jahrzehntelang gab es dazu am Kreuzungsbauwerk, hinter dem östlichen Flügel des südlichen Widerlagers, einen Unterstand, der später durch einen Überwachungsturm ersetzt wurde. Quelle: Sammlung beim Autobahnamt Brandenburg, ca. 1990 |
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Das Ende des Staates DDR machte auch die den staatspolitischen Überwachungszwecken dienenden Türme der DDR-Sicherheitsorgane an den ehemaligen Transitstrecken Bundesgebiet - Berlin (West) überflüssig. Anfang der 1990er Jahre wurden sowohl der Turm am Schönefelder Kreuz als auch der abgebildete am Dreieck Nuthetal beseitigt. Fotos: H.-W. Schmidt, Berlin |
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Diese Bilder boten sich den Kraftfahrern an der Scheidestelle zwischen den Fahrspuren Richtung Potsdam / Berlin oder weiter auf dem Südring in Richtung Ostring / Frankfurt/O. |
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Auf der Fahrspur Richtung Westberlin Aufnahme von 1967Quelle: Wissmann, M.: "Quer durch Deutschland, neue Wege für Europa", D&D Kommunikations Verlag Dirk Nishen GmbH & Co. KG |
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Der Abzweig in Richtung Berlin (West), zur Grenzübergangsstelle (GÜST) Drewitz. Bild: Sammlung R. Arndt, Jüterbog, ca. 1973 |
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Aufnahme von 1997, vor dem Umbau zum modernen, leistungsfähigen Dreieck für den Verkehr des 21. Jahrhunderts
Quelle: Wissmann, M.: "Quer durch Deutschland, neue Wege für Europa", D&D Kommunikations Verlag Dirk Nishen GmbH & Co. KG |
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Das noch aus der Erbauungszeit stammende Überführungsbauwerk genügte Anfangs der 2000er Jahre nicht mehr den durch die Fahrzeuganzahl und den Achslasten äußerst stark angestiegenen Belastungen. Um die Zeit bis zu einer grundlegenden Rekonstruktion des Dreiecks oder gar eines Umbaus zu überbrücken, wurde eine Behelfsbrücke auf die Auflagerbänke aufgelegt. Die nachfolgenden Fotos, aufgenommen von R. Arndt, Jüterbog, zeigen das Einschieben der Behelfsbrücke im Mai 2004. |
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Nebenstehendes Foto zeigt die Behelfsbrücke, die bis zur kompletten Umgestaltung des Dreiecks Nuthetal ihren Dienst tat. | |
Nach 1990 wurde der Berliner Ring Schritt für Schritt den Verkehrsbedürfnissen des 21. Jahrhunderts angepasst. Die ursprüngliche "klassische" Trompetenform der Autobahndreiecke wurde aufgegeben. Sog. "Überflieger" ermöglichen nunmehr den Hauptverkehrsströmen einen Wechsel der Autobahn mit Fahrgeschwindigkeiten bis 100 km/h. Foto: Einweihung des rekonstruierten Autobahndreiecks Nuthetal am 08.07.2009. Aufnahme: euroluftbild, 2009 |
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Text: H. Schneider, Siehdichum 2011 |
SchrifttumQuelle: Hafen, P. "Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen", Ferdinand Dümmlers Verlag, 1956
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